Niederösterreichische "Führerglocke" wird ein Fall für Juristen

War es zulässig, das Schloss Wolfpassing samt Nazi-Glocke zu verkaufen? Die Behörden prüfen. Bei der Israelitischen Kultusgemeinde ist man über die "Leichtigkeit" im Umgang mit dem Relikt "erschüttert "

Diese sogenannte Führerglocke wurde mit dem Schloss Wolfpassing verkauft, was nun bei Historikern für Kritik sorgt. - Autor: privat
Diese sogenannte Führerglocke wurde mit dem Schloss Wolfpassing verkauft, was nun bei Historikern für Kritik sorgt. - Autor: privat

Der Verkauf des Schlosses in Wolfpassing, einer kleinen Gemeinde im niederösterreichischen Mostviertel, wird mehr und mehr zum Krimi. Nach monatelangem Rätselraten gab die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) vergangene Woche bekannt, dass die TH Holding GmbH aus Linz das Bauwerk erworben hat.

Deren Geschäftsführer Tobias Hufnagl ist alles andere als auskunftsfreudig, seine Pläne für das Schloss will er nicht verraten, ebenso wenig, ob er als Mittelsmann für jemanden agiert hat oder zu welchem Preis das gut erhaltene Gebäude (Mindestangebot der BIG: 1,8 Millionen Euro) veräußert wurde.

"Heim ins Großdeutsche Reich"

Das ist aus drei Gründen brisant: Die Region verliert mit dem Schloss einen wichtigen Veranstaltungsort, etwa für Konzerte oder Hochzeiten; eine private Schule mit etwa 100 Kindern, die dort untergebracht war, ist nunmehr ohne Quartier; und wie der Standard berichtete, stellt sich die Frage, was mit der sogenannten Führerglocke passieren soll, die seit dem Zweiten Weltkrieg in einem Turm des Wolfpassinger Schlosses unbeachtet vor sich hinbimmelt.

Der Regionalhistoriker Johannes Kammerstätter, der sich intensiv mit der Geschichte der Nazizeit und der Juden im Mostviertel auseinandergesetzt hat, machte die BIG kürzlich auf das große, laute Problem aufmerksam. "Am 11. 3. 1938 befreite der Einiger und Führer aller Deutschen Adolf Hitler die Ostmark vom Joche volksfremder Bedrückung und führte sie heim ins Großdeutsche Reich", ist auf der Glocke zu lesen, darüber prangt ein Hakenkreuz.

Kammerstätter macht sich dafür stark, das Objekt juristisch aus dem Schlossvermögen herauszulösen, damit es nicht in private Hände fällt - und dann möglicherweise an Nazi-Devotionalienhändler weiterverschachert wird. Die BIG sagte zu, dies juristisch zu prüfen.

"In Museum aufzubewahren"

Rückenwind bekommt Kammerstätter nun von mehreren Stellen. So schrieb ihm etwa Brigitte Bailer, Leiterin des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands (DÖW), sie unterstütze die Initiative, die Glocke "in einem öffentlichen Archiv oder Museum aufzubewahren". Diese stelle schließlich "ein historisches Artefakt dar, das eng mit der Geschichte der Region verwoben ist und daher aufbewahrt werden muss".

Raimund Fastenbauer, der Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde, teilte Kammerstätter mit, er sei in dieser Frage an das Mauthausenkomitee herangetreten; abgesehen davon sei die jüdische Gemeinde "über die Leichtigkeit, mit der mit einem solchen NS-Relikt umgegangen wird, erschüttert".

Und Professor Bertrand Perz vom Institut für Zeitgeschichte der Uni Wien gibt zu bedenken, dass die BIG als Gesellschaft der Republik eine "besondere Verantwortung" habe. Bei dem Verkauf eines "offensichtlich NS-verherrlichenden Objektes" sei jedenfalls juristisch nachzuprüfen, ob dieser nicht durch das Verbotsgesetz untersagt sei.

Anzeige eingebracht

Genau das hat Kammerstätter nun in die Wege geleitet. Anfang der Woche hat er bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft in Scheibbs eine Anzeige "wegen des Verdachts der Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut" gegen die BIG eingebracht.

Es bestehe die Gefahr, "dass die Glocke zur Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut missbraucht wird", begründet Kammerstätter diesen Schritt. Unabhängig davon will er von der Bezirkshauptmannschaft wissen, ob die Glocke als Artefakt in das Eigentum der Republik Österreich übergehen müsse.

Die Behörde hat zugesagt, sich rasch um die Anzeige zu kümmern. Der Wolfpassinger Krimi geht in die nächste Runde.

HEIGL, Andrea

(28-06-2013)

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